Good Bye New York City

Samstag, 14.07.2007

"It's easier to leave than to be left behind
Leaving was never my proud
Leaving New York, never easy
I saw the light fading out"
(aus "Leaving New York" von R.E.M.)

Mein kürzester aber trotzdem intensivster Auslandsaufenthalt geht zu Ende. Zugegebenermaßen bin ich auch verdammt fertig - die Hitze, der Lärm und die kurzen Nächte sind auf Dauer ganz schön anstrengend.

Wie war es so? Nun, die ersten Tage in New York waren schon ziemlich überwältigend. Noch nie war ich in meinem Leben zwischen so vielen Menschen, so beindruckenden Gebäuden und so vielen unterschiedlichen Kulturen. Zugegebenermaßen ist mir in den ersten Tagen nicht nur einmal die Kinnlade runter gefallen. Ich kann mich noch genau erinnern, als ich das erste mal in Midtown Manhattan aus der U-Bahn gestiegen bin und plötzlich inmitten der ganzen Wolkenkratzer stand. Oder als ich vom 22.Stock des deutschen Konsulats auf die Straßenschluchten geschaut habe. Für genau diese Momente bin ich nach New York gekommen! Komisch ist nur, dass einem vieles so vertraut vor kommt, obwohl man noch nie hier gewesen ist.

Die Stadt ansich ist komplett zugebaut, es ist überall laut und man ist ständig unter Menschen. Jeder versucht hier sein Stück vom New Yorker Kuchen abzubekommen und dementsprechend stressig ist es auch. An den ständigen Lärm habe ich mich bis zuletzt nicht gewöhnt. Dafür ist man aber auch in einer der aufregendsten Städte unserer Erde. Und was hier von Menschenhand geschaffen wurde, ist schon sehr beeindruckend!

Auch sonst gibt es viel schönes hier, die netten und offenen Leute aus aller Welt, viele schöne Parks, unglaublich leckere Sandwiches, die üppige Auswahl bei der Partyplanung, die leckeren Schoko-Muffins oder auch die langen Laden-Öffnungszeiten. Das alles werde ich in Deutschland vermissen! Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Dingen, die ich nicht mag. Die komischen Regeln überall wie z.B. nicht in Gruppen auf dem Bürgersteig stehen oder kein Alkohol in der Öffentlichkeit trinken zu dürfen, das nervt! Generell finde ich es albern, Leute erst mit 21 an Alkohol zu lassen. Alle meiner jüngeren Amerikanischen Freunde hier hatten einen gefälschten Ausweis, nur damit sie Abends auch feiern durften.

Alles in allem war die Zeit in New York aber viel zu kurz. Man hat die Leute gerade richtig kennen gelernt, da ist schon wieder Abreise. Das International House kann ich als Unterkunft wärmstens weiter empfehlen, denn im hauseigenen Pub lernt man so viele Leute aus aller Welt kennen, da macht es echt Spaß ein Bier zu schlürfen.

Was sind die Unterschiede zu Deutschland? Was die sozialen Aspekte angeht ist New York und die USA weit hinter Deutschland. Bei weitem nicht jeder ist Krankenversichert und Leistungen wie ALG-II gibt es hier auch nicht. Ganz zu schweigen von den Mietpreisen, meine Buchte im iHouse hatte schlappe 600 EUR pro Monat gekostet - und das ist noch billig hier!

Auch für die Jugend ist es hier deutlich umkomfortabler als in Deutschland. Fast alle verlassen die Uni mit einem riesen Schuldenberg, den sie während ihres Arbeitslebens abarbeiten dürfen. In der Branche wo ich gearbeitet habe, dürfen die Absolventen auch erst mal 2 Jahre unbezahlte Praktika machen, ehe sie irgendwo eine bezahlte Stelle bekommen. Vieles was wir in Deutschland als selbstverständlich erachten, gibt es hier nicht.

Wie in England und Schweden wird man als Deutscher durchaus auch mit der Nazi-Vergangenheit konfrontiert. Als ein Einlasser in einer Disko zu mir sagte: "Wir müssen die Juden ausrotten" um zu testen, ob ich wirklich Deutscher bin, war ich schon mal geschockt. Ich meinte dann, dass dies nicht lustig ist und er dafür in Deutschland in den Knast geht - da fand er es auch nicht so mehr so lustig. Die Leute gehen einfach lockerer damit um, als wir Deutschen.

Mir ist aufgefallen, dass die Leute hier viel zuvorkommender und hilfsbereiter sind als in Deutschland. So werden für Frauen ständig die Türen aufgehalten und in der U-Bahn bekommt man als älterer Mensch sofort einen Platz, egal wie voll es ist. Auch die typische Begrüßung "Hey, how are you?" kann man wohl in die Kategorie "Umgangssprachliche Höflichkeit" stecken, auch wenn sich die Leute nicht wirklich für den Gesundheitszustand des Gesprächspartner interessieren. Trotzdem ist es aber auch ein guter Anfang für einen Small-Talk, den man hier öfter mal hat, sei es auf Arbeit, in der U-Bahn oder im Ladengeschäft.

Wie war die Arbeit so? In der Arbeitswelt ist alles ein wenig anonymer als in Deutschland. Leute kommen und gehen wie sie wollen, das merkt man spätestens wenn bei der Mittagspause plötzlich alle weg sind und man als einziger übrig geblieben ist. Ich persönlich habe dann immer Leute gefragt, ob sie mitkommen zum Essen. Ansonsten gehen die Leute einfach los, wann sie Hunger haben. Eigentlich auch nicht schlecht. Dafür macht man hier aber auch schneller Überstunden, die Arbeit muss geschafft werden.

Und sonst? Der Abschied von den Leuten ist wie immer schwer gefallen. Ich wäre gerne noch länger da geblieben, aber mein Stipendium war halt nur für 6 Wochen. Zusammen mit 13 anderen Praktikanten habe ich New York kurz nach 20 Uhr per Flugzeug verlassen. In 11.000 Metern Höhe haben wir die Gelegenheit genutzt, noch schön mit Prosecco anzustoßen. Es hätten eigentlich nur noch Fraukes Lautsprecher und die anderen 13 Leute gefehlt, dann wäre es fast wie im iHouse gewesen. Am Sonntag früh 10 Uhr deutscher Zeit sind wir dann gelandet. Selbst am Flughafen war alles so verdammt ruhig. Keine Feuerwehr, keine hupenden Autos, kaum Fußgänger - Willkommen in Deutschland. Die nächsten Tage werde ich mich erstmal erholen, bis dann das nächste große Projekt auf mich wartet, meine Bachelorarbeit.

Ich bedanke mich für das Mitlesen in meinem Auslandsblog und hoffe, Ihr konntet einen kleinen Eindruck von dem Leben in New York gewinnen. Jeden, der selbst so etwas machen will, kann ich nur raten, bewerbt euch bei der Pall Mall Foundation! Es gibt Praktikas für jeden Berufszweig und man muss auch nicht studiert haben, um hier teilzunehmen. Grundsätzlich gilt, wer sich nicht bewirbt, hat auch keine Chance dabei zu sein.

In diesem Sinne, bis zum nächsten mal...Euer Sascha!